Wir leben in einer digitalen Welt, in der wir überall Spuren unserer Identität hinterlassen. Dieser digitale Fußabdruck lässt sich online erstaunlich leicht erfassen. Großkonzerne wie Google nutzen diese Informationen für ihr Werbegeschäft. Werbeagenturen bevorzugen gezielte Werbung und sind bereit, mehr dafür zu zahlen. Damit gibt es für die Werbeagenturen einen Anreiz, diese Informationen zu sammeln und daraus demographische Daten abzulesen.
Damit Unternehmen wirklich zielgerichtete Werbung schalten können, benötigen sie große Mengen an Daten. Diese Daten müssen zudem breit gestreut sein, d. h. die Unternehmen müssen zahlreiche Interessen der Zielperson kennen, um die Daten verwerten zu können.
Soziale Netzwerke und Unternehmen mit Werbegeschäft wie Google verfolgen Ihre Online-Aktivitäten nach, um Ihre Vorlieben zu verstehen. Durch diese Nachverfolgung werden alle möglichen Vorlieben offengelegt. So wäre es den Unternehmen ein leichtes, z. B. Ihre politischen oder sexuellen Präferenzen herauszufinden.
Aus rechtlicher Sicht wird diese Art ungefährer Informationen nicht als personenbezogene Daten eingestuft. Doch schon einige wenige personenbezogene Daten genügen, um demografischen Informationen großen Wert zu verleihen. Manche Unternehmen sammeln solche Daten an dutzenden oder hunderten Standorten und versuchen sie zu kombinieren, um mit den Informationen mehr zu verdienen.
Es gibt tausende Unternehmen, die Ihre Daten online sammeln und verkaufen. Sie bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. In den meisten Ländern sind ihre Aktivitäten nicht illegal, doch manche Unternehmen wurden beim unberechtigten Sammeln und Missbrauch von Daten ertappt. So erstellen z. B. Datenmakler eine Facebook-Seite, die einen Dienst (oder ein Spiel) anbietet und zugleich Ihre Informationen sammelt, um diese weiterverkaufen zu können.
An einigen Stellen wird etwas für den Datenschutz im Internet getan. Verordnungen wie die Allgemeine Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU und der California Consumer Privacy Act in den USA haben zum Ziel, die Daten ihrer Bürgerinnen und Bürger rechtlich zu schützen.
Neben den winzigen Datenspuren, die nur über weitreichende Tracking-Netzwerke Ihrer Identität zugeordnet werden können, hinterlassen Sie auch bei zahlreichen Diensten persönliche Daten. Dabei handelt es sich um vertrauliche Daten wie Kreditkartennummern, Sozialversicherungsnummern, Kontaktdaten, medizinische Informationen und politische Überzeugungen.
Tracking mit Cookies
Beinahe alle Unternehmen verfolgen Ihre Aktivitäten im Browser über Cookies. Cookies sind kleine Textdateien, die auf Ihrem Computer gespeichert werden, um Sie gegenüber einer Website zu identifizieren. Cookies können nicht Ihre gesamte Internetaktivität nachverfolgen, aber die Webseiten, die Sie besuchen, falls diese ein Widget oder eine Anzeige von der ursprünglichen Website enthalten. Beispiele für ein Widget sind ein Like-Button (Taste „für Gefällt mir“) oder eine Anmeldeaufforderung von der Original-Website (z. B. zum Login bei Facebook oder Google) Wenn ein Widget geladen wird, wird die Original-Website danach gefragt und erhält die Adresse der Website, die Sie gerade laden, sowie den Original-Cookie, der Sie identifiziert. Werbeanzeigen auf einer Seite können auch von Unternehmen stammen, die Daten von der Anzeige sowie den Seiten, auf denen sie geschaltet wird, kombinieren, um Ihre Gewohnheiten besser zu erkennen.
Browser-Fingerprinting
Ihre Online-Aktivitäten lassen sich auch mit verschiedenen Techniken tracken, die als Browser-Fingerprinting bezeichnet werden. Wenn Sie eine Website besuchen, sendet Ihr Browser zahlreiche Informationen an den Server. Dazu gehören Sprachpräferenz, Browser-Identifikationsnummer, Fenstergröße, Schriftgröße usw. Zusammen mit den Cookies und Ihrer IP-Adresse bieten sie weitreichende Möglichkeiten zum Tracking, selbst wenn Sie Ihre Cookies löschen oder den Websiten die Nutzung von Cookies untersagen.
Einigen Tracking-Methoden können Sie entkommen, indem Sie den Privat- oder Inkognito-Modus Ihres Browsers verwenden. Manche Browser-Plugins (Erweiterungen) wie Privacy Badger oder AdBlock Plus blockieren bestimmte Tracking-Methoden.
Ein Beispiel für Browser-Fingerprinting finden Sie auf der Website amiunique.org. Dort können Sie sehen, ob der Browser, den Sie nutzen, unter den fast drei Millionen geprüften Browsern eindeutig erkannt werden kann. Testen Sie Ihren Browser auf https://amiunique.org/.
Verwendung der Daten
In den meisten Fällen werden die über Sie gesammelten Informationen genutzt, um Sie zu identifizieren, gezieltere Werbung zu schalten oder Ihnen bessere Vorschläge zu machen. Dies kann Ihre Online-Erfahrung verbessern, weil Sie Inhalte und Produkte entdecken, die Ihren Vorlieben und Bedürfnissen entsprechen.
Die Daten können jedoch auch für schädliche Zwecke missbraucht werden. Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist das Unternehmen Cambridge Analytica, welches Daten von Facebook nutzte, die es von einem Forscher für politische Zwecke erhalten hatte. Diese Daten wurden verwendet, um gezielt politische Botschaften an Einzelpersonen zu schicken und so mehrere Wahlen weltweit zu beeinflussen, wovon die US-Präsidentschaftswahl 2016 und die Brexit-Abstimmung im Vereinigten Königreich die prominentesten Beispiele waren. Cambridge Analytica setze zudem eine Facebook-App namens This Is Your Digital Life ein, über die es die Daten der 270.000 Nutzer und unberechtigterweise auch die ihrer Freunde sammelte, was insgesamt 87 Mio. Nutzer waren.
Ein harmloseres, aber dennoch besorgniserregendes Beispiel stammt aus dem Jahr 2012. Target, eine Einzelhandelskette in den USA, versuchte, ihre Printwerbung zielgerichteter zu gestalten. Manche sind der Meinung, dass das Unternehmen es dabei zu weit trieb. Im konkreten Fall nutzten die Data Scientists von Target die Daten der Kunden und Informationen über gekaufte Produkte, um herauszufinden, welche Produkte die Kunden wahrscheinlich kaufen würden. Als eine Jugendliche, die regelmäßig bei Target einkaufte, schwanger wurde, veränderten sich ihre Konsumgewohnheiten in einem Maße, dass die Algorithmen die Schwangerschaft erkannten und ihr folglich Produkte anboten, die Schwangere benötigen. Die Familie der Jugendlichen wusste nicht von ihrer Schwangerschaft, fand es dann jedoch durch die Werbeprospekte in der Post heraus.
Das gesamte Geschäftsmodell mancher Unternehmen basiert auf dem Sammeln von Daten aus möglichst vielen Quellen und deren Verkauf an Zahlungswillige. Diese Informationen werden für Zwecke wie die Verbesserung der Nutzererfahrung, akademische Forschung, gezielte Werbung und gezielte politische Botschaften verwendet. Autoritäre Regierungen bedienen sich der Daten, um ihre Bürger zu überwachen und gegen Dissidenten vorzugehen. Die harsche Kritik an TikTok seitens der USA wurde dadurch bedingt, dass die App zahlreiche Nutzerdaten sammelt und diese an die chinesische Regierung sendet.