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Einführung in Robotik und Automatisierung

Robotik ist die Wissenschaft der Nutzung von Maschinen zur automatisierten oder teilautomatisierten Ausführung von Aufgaben basierend auf vordefinierten, anpassbaren Programmen und Algorithmen. Diese Maschinen – gemeinhin Roboter genannt – werden entweder von Menschen oder von Computeranwendungen und Algorithmen gesteuert. Die Robotik ist ein umfassendes Konzept, das den Entwurf, den Bau und die Programmierung von Robotern miteinschließt. Die Roboter stehen in direktem Kontakt zur physischen Welt. Oft führen sie anstelle von Menschen monotone, repetitive Tätigkeiten durch. Roboter können je nach Größe, Anwendungsbereich oder Zweck klassifiziert werden (dazu später mehr).

Robotik vs. Automatisierung

Automatisierung ist ein deutlich breitgefassteres Konzept als Robotik. Automatisierung bedeutet, dass ein Prozess teilweise oder vollständig ohne menschliche Beteiligung abläuft. Stattdessen wird der Prozess durch vordefinierte, anpassbare Computeranwendungen und elektrische oder mechanische Maschinen ausgeführt. Vordefinierte Anwendungen sind Algorithmen, in denen alle Tätigkeiten vorgegeben sind und unabhängig voneinander und von unerwarteten Änderungen in der Umgebung durchgeführt werden. Adaptive Automatisierung heißt, dass der Algorithmus sein Verhalten an Veränderungen im Prozess oder in der Umwelt anpassen kann.

Robotik ist eng mit Automatisierung verknüpft, da Roboter meist Teil eines automatisierten Systems sind. Teils werden Roboter jedoch auch mit wenig bis keiner Automatisierung eingesetzt – und andersherum ist auch Automatisierung ohne Roboter möglich. Kurzum, Automatisierung und Robotik sind wie Zwillinge, die viele Gemeinsamkeiten, aber unterschiedliche Persönlichkeiten haben.

Note

Wenn Maschinen uns die Arbeit abnehmen können, warum arbeiten wir dann überhaupt noch? Tatsächlich sind die Fähigkeiten von Robotern beschränkt. Selbst wenn sie intelligent erscheinen, können sie meist nur eine sehr spezifische Aufgabe gut erledigen. Selbst wenn wir ein Heer von Robotern für die zahlreichen Tätigkeiten in unserem Leben einsetzen, überlappen sich diese Bereiche nicht genug, um ein allumfassendes System zu bilden, das menschliche Arbeit vollständig ersetzen kann.

Anders gesagt: Roboter können nur in einem sehr begrenzten Bereich helfen und wir sind sehr weit entfernt von menschenähnlicher Maschinenintelligenz (AGI), sodass man keine Angst vor bösen Robotern oder einer Herrschaft der Roboter haben muss.

Arten von Robotern

Roboter können auf verschiedene Weise klassifiziert werden. Wir beschäftigen uns mit vier Formen der Kategorisierung:

  • nach Größe

  • nach Anwendungsbereich

  • nach Zweck

  • nach Anzahl

Einteilung nach Größe

Bei der Einteilung nach Größe gibt es folgende Kategorien:

  • Nanoroboter oder Nanobots: Nanoroboter bestehen aus Nanomaterialien und haben eine Größe von 0,1–10 Mikrometern (zum Vergleich: rote Blutkörperchen beim Menschen sind 5–10 Mikrometer groß). Nanobots befinden sich in der frühen Forschungsphase. Das Konzept ist vor allem für die Medizin interessant, doch es braucht noch viele Jahre harter Arbeit, bis sie tatsächlich eine gangbare Lösung darstellen. Unter anderem könnten Nanoroboter in den Körper injiziert werden, um Krankheiten zu erkennen und zu heilen.

  • Mikrobots, Millibots und Minibots: Diese Roboter sind sehr klein, aber größer als Nanobots – und sie existieren bereits. Mikrobots, Millibots und Minibots messen jeweils höchstens 1 mm, 1 cm und 10 cm. Der kleinste fliegende Roboter heißt RoboBee, er hat eine Flügelspannweite von 1,2 cm und ein Gewicht von 80 mg. RoboBee kann seine Flügel 120 Mal pro Sekunde schlagen und ferngesteuert werden. Solch kleine Roboter können einen fliegenden Schwarm bilden, um jemanden zu suchen und zu retten oder Pflanzen künstlich zu bestäuben.

RoboBee, der kleinste fliegende Roboter
RoboBee, der kleinste fliegende Roboter

  • Kleine und mittlere Roboter: Diese Roboter sind üblicherweise kleiner als 100 cm (kleine Roboter) oder höchstens so groß wie ein Mensch (100-200 cm, mittlere Roboter). Die meisten Haushaltsroboter, Spielzeugroboter und sozialen Roboter, humanoiden Roboter (Roboter mit menschenähnlichem Aussehen, wie z. B. die Transformer aus Comics und Filmen) und digitalen persönlichen Assistenten haben diese Größe. Kleine und mittlere Roboter sieht und trifft man am häufigsten, im Film wie im echten Leben.

  • Große Roboter: Diese Roboter sind größer als Menschen – sehr viel größer sogar. Große humanoide Roboter messen teils bis zu 8 oder 10 Meter. Sie werden für gewöhnlich jedoch nur für Forschungszwecke oder zur Unterhaltung gebaut. Tatsächlich sehen die meisten großen Roboter nicht wie Menschen aus. Sie werden zur Automatisierung in Fertigung, Bauwesen, Landwirtschaft, autonomen Fahrzeugen und Navigation hergestellt.

Einteilung nach Anwendungsbereich

Roboter können auch nach ihrem Anwendungsbereich kategorisiert werden. Dabei wird zwischen persönlichen Robotern und industriellen Robotern unterschieden.

  • Persönliche Roboter werden im Alltag genutzt und helfen Einzelpersonen und Familien. Man kann sie ohne technische Fachkenntnisse verwenden, um repetitive, langweilige Aufgaben zu erledigen oder einen zu unterhalten. Haushaltsroboter, soziale Roboter, digitale persönliche Assistenten und Spielzeugroboter sind hierbei am häufigsten.

  • Industrieroboter sind robust und werden in Bereichen wie Fertigung, Bauwesen und Landwirtschaft eingesetzt, um spezifische Aufgaben in einem vorgegebenen Prozess zu erledigen. Sie übernehmen Tätigkeiten wie Montage, Demontage, Schrauben festdrehen, Schweißen, Lackieren, visuelle Prüfung usw. Industrieroboter sind schnelle, präzise und zuverlässige Maschinen, die eine spezifische Aufgabe hervorragend erledigen. Ohne Industrieroboter wäre die heutige technische Entwicklung nicht denkbar.

Einteilung nach Zweck

Eine weitere Möglichkeit der Kategorisierung von Robotern richtet sich nach dem Zweck. Roboter können für allgemeine und für spezifische Zwecke verwendet werden. Was bedeutet das?

  • Roboter für spezifische Zwecke: Diese Maschinen führen eine bestimmte Aufgabe oder eine Reihe von Aufgaben aus. Das reicht von einfachen Maschinen wie einem Roboterarm, der Objekte von A nach B bewegt, bis hin zu komplexen sozialen Robotern, die fortschrittliche Systeme zur Interaktion in natürlicher Sprache haben. Bauweise und Verhalten dieser Roboter sind unveränderlich, sie folgen vorgegebenen Programmen entsprechend ihrem ursprünglichen Zweck. Haushaltsroboter und Industrieroboter gehören zu dieser Kategorie.

  • Roboter für allgemeine Zwecke: In diesem Fall hat der Roboter keine vorgegebene Aufgabe. Man kann verschiedene Komponenten des Roboters separat erwerben und auf unterschiedliche Weise zusammensetzen, um ihn für bestimmte Aufgaben zu verwenden. Zu den Komponenten gehören Arme, Räder, Kameras, Schrittmotoren sowie zusätzliche Sensoren und Aktoren. Manche dieser Roboter können drahtlos per WLAN und/oder Bluetooth verbunden werden. Das „Gehirn“ des Roboters – normalerweise ein kleiner Computer – kann dafür geschult werden, bestimmte Aufgaben mit verschiedenen Komponenten und spezifischen Anwendungen, die in einer Programmiersprache geschrieben wurden, durchzuführen. Gängige programmierbare Kleincomputer, auch Embedded-Computer genannt, sind Nvidia Jetson und Jetson Nano, Raspberry Pi und Arduino. Diese eingebetteten Systeme haben Allzweck-Eingabe/Ausgabe-Kontakte (General-Purpose Input/Output, GPIO), das sind Standardanschlüsse, über die Sensoren und Aktoren angeschlossen werden können.

Andere Allzweck-Roboter verfügen über vorgefertigte Körper mit Sensoren (wie Kameras und Mikrofone) und Aktoren (wie Arme und Beine). Mithilfe verschiedener Computeranwendungen können diese Roboter spezifische Aufgaben erledigen. Beispiele für solche Roboter sind Nao, Pepper und Romeo von Softbank Robotics oder der Roboterhund Spot von Boston Dynamics.

Einteilung nach Anzahl

  • Einzelne Roboter: Diese Roboter arbeiten eigenständig. Ein Roboter dieses Typs führt eine Aufgabe nach einem vordefinierten Programm durch. Dieses Programm kann fortschrittliche Technologie enthalten, sodass der Roboter sich an seine Umgebung anpassen kann. Zudem ist teils eine Internetverbindung möglich, in jedem Fall aber arbeitet der Roboter allein. Selbst wenn sich mehrere einzelne Roboter am selben Ort befinden, sind sie eigenständig, da sie nicht miteinander kommunizieren können.

  • Roboter im Team: Wie Menschen können auch Roboter in Teams arbeiten. Oft wird hierbei eine Aufgabe von verschiedenen Robotern hintereinander ausgeführt. Vielleicht haben Sie einmal ein Video gesehen, wie Autos montiert werden: Das Chassis wird verschweißt, dann kommen die Türen, das Auto wird lackiert, Front- und Rückscheiben werden eingesetzt usw. All diese Schritte werden von mehreren Robotern durchgeführt, die jeweils nur auf eine Aufgabe spezialisiert sind.

  • Schwarmroboter: Roboter können auch im Schwarm arbeiten. In diesem Fall werden zahlreiche einfache Roboter zusammen gesteuert. Die einzelnen Roboter im Schwarm haben keinen besonders großen Wert, doch der Schwarm als Ganzes kann wichtige Aufgaben übernehmen. Denken Sie an Bienen. Eine einzelne Biene bewirkt wenig, doch ohne die Millionen Bienen in Schwärmen würden Menschen wohl nicht einmal existieren. Mögliche Anwendungsbereiche für Schwarmrobotik sind Suche und Rettung, Mikrobiologie, Überwachung und Bestäubung. Zum jetzigen Zeitpunkt (2021) befindet sich die Schwarmrobotik jedoch im Wesentlichen noch in der Forschungsphase.

Die Entwicklung der Roboter

Das Wort „Roboter“ stammt vom tschechischen „robota“, was so viel wie „Fronarbeit“ oder „Knechtsarbeit“ bedeutet. Durch ein Theaterstück von Karel Čapek aus dem Jahr 1920 wurde das Wort „Roboter“ weithin bekannt. Doch die Menschheit war seit jeher bestrebt, die menschliche Existenz nachzubilden. Schon vor dem 20. Jahrhundert gab es Versuche, Menschen nachzubilden und Legenden zufolge waren einige davon erfolgreich. Eine der berühmtesten Ideen stammt vom Alchemisten Paracelsus aus dem 16. Jahrhundert. Er behauptete, mit chemischen Verfahren in einem Gefäß ein kleines menschenähnliches Wesen (einen sogenannten Homunkulus) erschaffen zu können. Später im 16. Jahrhundert rückte der Begriff des Golem ins öffentliche Bewusstsein. Einer Volkssage zufolge wurde der Golem aus Lehm gemacht und diente dem, der ihm ein spezielles Pergament in den Mund oder die Stirn einführte. Weiter hieß es, nach einer Zeit stelle sich der Golem seinem Schöpfer und wende sich schließlich gegen ihn.

In der Geschichte der Robotik gab es stets Bestrebungen, Robotern menschliche Züge oder Eigenschaften zu verleihen. Dabei gelten im Allgemeinen drei Bedingungen:

  • Der Roboter muss dem Menschen ähneln (in Aussehen, Denkweise usw.).

  • Der Roboter muss dem Menschen überlegen sein (stärker, klüger usw.)

  • Der Roboter muss seinem Schöpfer voll und ganz gehorchen.

Ein Meilenstein in der Geschichte der Robotik war die Erfindung von Maschinen, die stärker als Menschen waren. Maschinen, die menschliche Arbeit ersetzten, erschienen erstmals 1769 im Zuge der industriellen Revolution. Damals war der Hauptzweck, bei der Produktion Zeit und Kosten zu sparen und mehr Produkte ohne menschliche Beteiligung herzustellen. Automatisierung wurde zum bedeutendsten Konzept der damaligen Zeit. Dank Automatisierung konnten Prozesse ohne menschliches Eingreifen durchgeführt werden. Die Übernahme von Arbeit durch Maschinen führte zu neuen Arbeits- und Lebensweisen für die Menschen. Da Maschinen im Gegensatz zu Menschen nicht müde wurden, konnten sie rund um die Uhr arbeiten. Auch das Risiko von Fehlern und die Menge an Abfall nahm durch die Automatisierung ab.

Zudem sind Roboter präzise und effizient. Im 19. Jahrhundert gab es keine Computertechnologie, aber die Menschen waren in der Lage, große Maschinen zu erschaffen, um komplexe Aufgaben zu erledigen. In den 1950er-Jahren gab es einen entscheidenden Fortschritt in der Robotik.

Beispiel
Shakey the Robot, der erste Roboter für allgemeine Zwecke
Shakey the Robot, der erste Roboter für allgemeine Zwecke

Shakey

Der erste Industrieroboter namens Unimate wurde erfunden und in Autofabriken als Ersatz für manuelle Arbeit genutzt. Darüber hinaus wurde Shakey, der erste mobile Roboter für allgemeine Zwecke, geschaffen. Shakey hatte eingebaute Kameras und berührungsempfindliche Sensoren und konnte mit seiner Umgebung interagieren.

Roboter bieten viele Vorteile, doch es gibt auch Schattenseiten. Der Arbeitsmarkt steht unter dem Druck zahlreicher Arbeitssuchender, da bei repetitiven Tätigkeiten Menschen durch Maschinen ersetzt werden können. Dies führt zur Angst, dass Roboter den Menschen ihre Arbeit wegnehmen oder zu viel Kontrolle über die Menschen erlangen könnten.

Dass Roboter dem Menschen immer mehr ähneln, löst eine weitere Art von Angst aus. Im Allgemeinen tolerieren die Menschen Roboter, die auch wie Roboter aussehen. Unser Gehirn kann leicht zwischen humanoiden Robotern mit Roboter-Aussehen und Industrierobotern unterscheiden. Roboter, die dem Menschen zu sehr ähneln, führen hingegen zu Verwirrung oder gar Verärgerung. Man weiß zwar, dass es ein Roboter ist, aber das Gehirn kommt damit aufgrund des realistischen Aussehens nicht zurecht. Die Haut, die Bewegungen und sogar die Sprache des Roboters sind sehr menschenähnlich, sodass das Gehirn Probleme bei der Kategorisierung hat: Ist es wirklich ein Roboter? Denkt er? Kann und sollte ich ihm trauen?

Note

Diese Ängste könnten ein Grund dafür sein, dass Mitte des 20. Jahrhunderts die sogenannten „Robotergesetze“ entstanden, auch bekannt als „Die drei Gesetze“ oder „Asimovsche Gesetze“, nach ihrem Autor Isaac Asimov.

Die drei Gesetze lauten:

  • Ein Roboter darf kein menschliches Wesen verletzen oder durch Untätigkeit zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.

  • Ein Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel eins kollidieren.

  • Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel eins oder zwei kollidiert.

(Asimov, 1950)

Einen weiteren Meilenstein in der Geschichte der Robotik stellte die Erkundung der Mondoberfläche durch den ersten ferngesteuerten mobilen Roboter um das Jahr 1970 dar. Im Jahr 1986 begann Honda ein Projekt zur Schaffung humanoider, d. h. menschenähnlicher Roboter. Die Robotik entwickelte sich weiter und Roboter tauchten in immer mehr Bereichen auf, z. B. Gesundheitswesen, Fertigung und Logistik. Diese Entwicklung hält weiter an und heute sind Roboter Teil des Alltags. Sie sind zuhause (Staubsauger-Roboter), am Arbeitsplatz (Montageroboter) und im Gesundheitswesen (soziale Roboter zur Patientenbehandlung und Operationsroboter) anzutreffen.

Die Menschheit erlebt heute die vierte industrielle Revolution, die durch modernste neu entstehende Technologien wie Robotik, IoT, 5G, künstliche Intelligenz und viele weitere die Industrie auf ein neues Niveau hebt.

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II. Wie funktionieren Roboter?