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Die Zukunft der Arbeit

Wir hoffen, dass Sie nach den ersten vier Kapiteln dieses Kurses ein besseres Verständnis einiger der Schlüsselbereiche neu entstehender Technologien haben. Wie erwähnt zeichnen sich neu entstehende Technologien per Definition durch radikale Neuheit, relativ schnelles Wachstum, große Auswirkungen, Ungewissheit und Ambiguität aus. Wir haben uns eingehend mit verschiedenen Bereichen wie Robotik und AR/VR befasst und besprochen, wie diese neu entstehenden Technologien Arbeitsplätze schaffen und diverse Branchen verändern. Doch wie steht es um die Zukunft der Arbeit allgemein?

Die Zukunft der Arbeit

In den letzten Jahren richtete sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf die Auswirkungen neu entstehender Technologien auf die Arbeitswelt im Wandel. Vor allem Massenmedien und Consultants konzentrierten sich auf diesen Aspekt. Immer öfter las man Schlagzeilen wie: „Roboter werden uns die Arbeit wegnehmen. Wir brauchen einen Plan, bevor es zu spät ist“ (Elliott, ).

Es ist zwar wahr, dass jüngste Fortschritte bei neu entstehenden Technologien dramatische Folgen für die Arbeitswelt haben, doch führende Experten für KI und Industrie 4.0 verweisen darauf, dass neu entstehende Technologien mit maschinellem Lernen wie Robotik und das Internet der Dinge lediglich einige Aufgaben von Beschäftigten übernehmen, nicht zwingend ganze Berufe.

Note

MIT-Studie zeigt: KI wird nicht Berufe sondern Aufgaben übernehmen

„Ein Radiologe beispielsweise hat 26 verschiedene Aufgaben in seinem Beruf“, sagt MIT-Professor Erik Brynjolfsson. „Das Lesen medizinischer Bilder ist eine Aufgabe, die sich gut für maschinelles Lernen eignet, da Computer mittlerweile Bilder besser analysieren können als Menschen. Doch Zwischenmenschliches wie die Weitergabe gesundheitlicher Informationen an den Patienten kann von Maschinen nicht so einfach oder effektiv erledigt werden.

In fast jedem Beruf gibt es einige betroffene Aufgaben, aber zugleich viele andere Aufgaben, die erhalten bleiben. Allerdings ist bei einigen Berufen die Anzahl von Aufgaben, die durch maschinelles Lernen übernommen werden, höher.“

Wenn manche Aufgaben automatisiert durch Maschinen mit neu entstehenden Technologien durchgeführt werden, haben die Menschen mehr Zeit für Aufgaben, die Computer nicht erledigen können. Das bedeutet, der Schwerpunkt bei den Berufen der Zukunft liegt weniger auf repetitiven, manuellen Aufgaben und mehr auf einzigartigen menschlichen Fähigkeiten wie Kreativität, Einfühlungsvermögen, gemeinsamem Denken und Anpassungsfähigkeit an neue und sich ändernde Situationen.

Neue Fähigkeiten sind gefragt

Der Bericht zur Zukunft der Arbeit 2020 des Weltwirtschaftsforums warnt, dass viele Arbeitsplätze bis 2025 verschwinden könnten. Zudem wird erläutert, welche neuen Fähigkeiten in welcher Branche gefragt sein werden und wie sich neu entstehende Technologien auf die Beschäftigung in diesen Branchen auswirken werden. „Die Arbeitgeber erwarten, dass folgende Fähigkeiten bis 2025 an Bedeutung gewinnen: kritisches, analytisches Denken, Problemlösen, und Selbstmanagement-Fähigkeiten wie aktives Lernen, Resilienz, Stresstoleranz und Flexibilität.“

Eine Person und Icons mit menschlichen Zügen
Eine Person und Icons mit menschlichen Zügen

PricewaterhouseCoopers Global beschreibt im Bericht Workforce of the future - The competing forces shaping 2030, wie neu entstehende Technologien den Arbeitsmarkt und den Arbeitsplatz bis 2030 prägen werden und nennt Anpassungsfähigkeit als wichtigste Eigenschaft für Arbeitnehmer. So heißt es im Bericht: „Unsere Analyse zeigt eines ganz klar: Anpassungsfähigkeit – im Unternehmen, in der Gesellschaft und beim Einzelnen – ist entscheidend, um mit dem Wandel umzugehen.“ Wie in Kapitel 1 erläutert gehören zu dieser Anpassungsfähigkeit Weiterbildung und Umschulung.

Beispiel

Die Gig Economy (Plattformarbeit)

Der technologische Fortschritt wird oft auch mit anderen Veränderungen in der Arbeitswelt assoziiert, die teils durch die Technologie beschleunigt werden, wie die Erosion traditioneller Beschäftigungsverhältnisse durch die Gig Economy (Plattformarbeit), der stärkere Fokus auf Flexibilität und Agilität und die neue Generation von Arbeitnehmern mit deutlich anderen Einstellungen als die vorherige. Dies zeigte sich während der Corona-Pandemie weltweit.

  • Die Gig Economy beruht auf flexiblen, befristeten oder freiberuflichen Jobs, bei denen die Kommunikation mit Kunden oft über eine Online-Plattform abläuft.

  • Zum einen kann die Gig Economy Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Kunden nutzen, da die Arbeit sich mehr den aktuellen Bedürfnissen anpassen lässt und der Forderung nach einem flexiblen Lebensstil entspricht.

  • Zum anderen birgt sie auch Vorteile durch die Erosion traditioneller Beschäftigungsverhältnisse zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Kunden.

Der Arbeitsplatz der Zukunft

Die neue Art der Interaktion mit der digitalen Welt eröffnet eine ganze Bandbreite an neuen Methoden, Strategien und Umgebungen im Alltag und insbesondere am Arbeitsplatz – von eigenständiger Arbeit bis Teamarbeit, in physischen, virtuellen und Remote-Umgebungen. Menschen begeben sich in virtuelle Welten, um Simulationen, Modelle und Projektionen zu erstellen, was die Art und Weise, wie wir auf Informationen zugreifen und sie nutzen, in allen Lebensbereichen verändern wird.

Note

An dieser Stelle folgt ein Exkurs zu Ubiquitous Computing und Pervasive Computing. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um zwei unterschiedliche Dinge. „Ubiquitous“ bedeutet „allgegenwärtig“. „Pervasive“ bedeutet „alles durchdringend“. Daran wird der Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Computing ersichtlich. Pervasive Computing oder Rechnerdurchdringung heißt, dass kleine, einfach verwendbare Geräte uns in Echtzeit Informationen zu jeglichem Thema bereitstellen. Das ist das Versprechen von Mobiltelefonen mit Internetverbindung. Durch Ubiquitous Computing, auf Deutsch ubiquitäres Computing oder Rechnerallgegenwart, müssen wir selbst keine Computer mehr nutzen. Stattdessen laufen die Rechner im Hintergrund mit Technologie, die bereits in unseren Gebrauchsgegenständen integriert ist.

Im Kontext gesehen bedeutet das, dass es am Arbeitsplatz immer mehr ubiquitäres Computing geben wird, um Effizienz und Sicherheit zu erhöhen, während im Alltag weiter pervasive Technologien genutzt werden, die zunehmend von neu entstehenden Lösungen und Algorithmen für ubiquitäres Computing gesteuert werden.

In „intelligenten“ Unternehmen unterstützen neu entstehende Technologien die Angestellten bei der Verarbeitung und Analyse gewaltiger Datenmengen sowie der Zusammenarbeit und Überwachung. So können diese intelligenten Unternehmen neue Geschäftsmodelle und Formen der Interaktion mit diesen Technologien entwickeln. Werkzeuge zur Zusammenarbeit wie cloudbasierte Kommunikationsanwendungen, Workflow-Tools, geteilte Dokumente und Whiteboards begünstigen schnelle Teamarbeit und Fernzugriff. Fortschritte bei neu entstehenden Technologien wie IoT-gestützte Sprachassistenten, KI-gestützte Prognosewerkzeuge und schnelles mobiles Internet werden die menschliche Produktivität auf ein Niveau bringen, das im letzten Jahrhundert noch unvorstellbar war. Durch diese neuartigen Werkzeuge entwickeln sich Unternehmen auf eine Art weiter, die nicht nur den Geschäftszielen dienlich ist, sondern auch Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinschaften und der Gesellschaft nutzt.

Datenschutz, Ethik und Sicherheit waren schon immer wichtige Fragen für die Gesellschaft, doch durch die Entwicklung und Einführung neu entstehender Technologien weltweit haben sie in den letzten Jahren noch an Bedeutung gewonnen. Je weiter sich diese Technologien verbreiten, desto dringender müssen sich Gesellschaft und Wirtschaft proaktiv mit diesen Fragestellungen befassen. Darum geht es im nächsten und letzten Abschnitt.

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II. Datenschutz und Ethik im digitalen Zeitalter