III.

Der digitale Wandel in der Gesellschaft

Egal wie man digitalen Wandel definiert oder sieht, er ist dabei, die Welt, wie wir sie kennen, zu verändern. Von neuen Methoden zur Kommunikation und zum Austausch von Informationen über mehr Wohlstand bis hin zu neuen Geschäftsmöglichkeiten in einer Ära der stetigen Vernetzung geschehen große soziokulturelle Umwälzungen.

In diesem Abschnitt befassen wir uns im Einzelnen mit Bereichen, auf die sich digitale Technologien am stärksten ausgewirkt haben, und jenen, die in der Zukunft Chancen für den Wandel aufzeigen.

Neue Geschäftsmodelle

Obwohl digitale Technologien schon vor Jahrzehnten in Gesellschaft und Wirtschaft Fuß fassten, entstanden erst durch die Integration des Internet und die zunehmende Vernetzung von Menschen und Objekten vollkommen neue Chancen und Geschäftsmodelle.

Dank technischem Fortschritt, Interoperabilität und sinkenden Kosten für IKT wurde Technologie breitflächig einsetzbar. Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen sind nun in der Lage, ihre Geschäftstätigkeit mit gebrauchsfertigen technologischen Lösungen zu entwerfen und aufzubauen, wodurch sie effizienter und flexibler sind sowie internationale Märkte erreichen.

Gebrauchsfertige Software-Lösungen und internetbasierte Technologien wie Cloud-Computing und die Analyse großer Datenmengen (Big Data) sind durch deutlich gesunkene Kosten für alle Unternehmen erschwinglich und treiben das Wachstum der Internetwirtschaft an.

Sehen wir uns zwei beliebte Anwendungen für digitale Lösungen auf dem Markt an und wie sie Geschäftspraktiken verändert haben:

Icons rund um Online-Shopping
Icons rund um Online-Shopping

1) Online-Handel

E-Commerce (elektronischer Handel) oder Online-Handel wird definiert als „Kauf oder Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen, der über Computernetzwerke durchgeführt wird mit Methoden, die spezifisch zum Empfangen und Aufgeben von Bestellungen entworfen wurden. Die Güter und Dienstleistungen werden mit diesen Methoden bestellt, Zahlung und Lieferung müssen jedoch nicht online durchgeführt werden“ (OECD, 2011).

Der Online-Handel verwendet eine Bandbreite an Technologien wie Datenbankmanagement, Cloud-Computing zur Datenverwaltung und -verarbeitung, künstliche Intelligenz zum Verstehen des Kundenverhaltens, Bestellungsregister, Sendungsverfolgung usw. Dies führt zu einer noch größeren Bandbreite an Praktiken im Online-Handel und ermöglicht es jedem, online Waren und Dienstleistungen anzubieten.

Wichtig ist jedoch, dass die Interaktion mit Kunden und Partnern zu einem grundlegenden Wandel der Beziehung zwischen Händlern und Verbrauchern und innovativen Geschäftspraktiken im E-Commerce-Bereich geführt hat.

Beispiel

Sehen wir uns dazu konkret das Beispiel von Shopify an, einem kanadischen E-Commerce-Unternehmen.

Verkäufer, egal ob klein oder groß, können auf Shopify ein Geschäft eröffnen und mit der Software ihr Inventar verwalten, Transaktionen durchführen, das Marketing optimieren und Kunden verwalten. Zu Beginn konzentrierte sich Shopify darauf, E-Commerce-Software für Durchschnittshändler zu entwerfen, d. h. eine gebrauchsfertige Lösung für Unternehmen, denen es an Kapazitäten für den Aufbau einer eigenen Online-Infrastruktur mangelt. Darüber hinaus hat Shopify einen großen Markt für Anwendungen von Drittanbietern, die Verkäufer in ihr Online-Geschäft integrieren können. Mit diesen sogenannten Plugins können die Verkäufer das Kundenerlebnis verbessern und zugleich entsteht eine Gemeinschaft von Partnern, die E-Commerce-Dienstleistungen anbieten, ohne direkt kommerziell tätig zu sein. Ursprünglich generierte Shopify mit einer monatlichen Mitgliedsgebühr Einkommen, doch auf Grundlage der eigenen Infrastruktur wurden den Händlern dann auch Dienstleistungen für Zahlungen, Versand und Finanzen angeboten.

2) Partizipative vernetzte Plattformen

Eine partizipative vernetzte Plattform ist eine Art Vermittler, über den Nutzer zusammenarbeiten und dazu beitragen können, von Nutzern geschaffene Inhalte zu entwickeln, erweitern, bewerten, kommentieren und verteilen (OECD, 2014).

Das Netzwerkeffekt-Geschäftsmodell legt den Schwerpunkt auf eine breite Nutzerbasis und Interaktion und nutzt webbasierte Technologien, um einen Mehrwert zu schaffen. Mit einer Vielfalt an Technologien wurde eine Reihe verschiedener Plattformen zur Informationsverbreitung entwickelt, von sozialen Netzwerken über Wikis, Blogs und Podcasts bis hin zu Dienstleistungsplattformen.

Die Nutzung dieser Plattformen ist meist kostenlos, doch die Unternehmen generieren auf anderen Wegen Einkommen, beispielsweise durch freiwillige Beiträge, Werbung, Lizensierung von Inhalten und Technologie durch Drittanbieter, Verkauf von Gütern und Dienstleistungen an die Gemeinschaft oder Verkauf von Nutzerdaten an Marktforschungsagenturen und andere Unternehmen.

Durch digitale Technologien entstanden zahlreiche weitere innovative Geschäftsmodelle wie Systeme für Online-Zahlungen und Online-Handel, Online-Werbung oder App-Stores, die teils stark vernetzt oder überlappend sind.

Digitaler Wandel im Klassenzimmer

Im Bildungsbereich steht der digitale Wandel nicht nur für Technologie im Klassenzimmer, sondern vielmehr für einen kulturellen Wandel im Umgang mit Wissen.

Mit Hilfe digitaler Werkzeuge und der Digitalisierung von Informationen ist Wissen besser verfügbar denn je: Jede Person, die einen Internetzugang hat, kann sofort auf Lernmittel zugreifen, sie mit Lernenden und Lehrkräften teilen und ist jederzeit und überall erreichbar.

Beim Lernen geht es nicht mehr um die Anhäufung von Wissen, sondern darum, eine kritische, analytische Denkweise zu entwickeln, um die großen Datenmengen sinnvoll zu nutzen, die mit nur einem Klick verfügbar sind.

Die Digitalisierung eröffnet zahlreiche Möglichkeiten für die Bildung: passgenaue Lernerfahrungen, Zusammenarbeit zwischen Lernenden und Lehrenden, um bessere und relevantere Lernmittel zu entwickeln, und erleichterten Zugang für bildungsferne Schichten.

Lernen wird zu einer ganz persönlichen Erfahrung mit einem hohen Maß an Individualität und Flexibilität.

Beispiel

Die Sprache der Computer zu lernen kann eine Herausforderung sein, ist jedoch eine wichtige Kompetenz im digitalen Zeitalter. Scratch, eine Programmiersprache und Online-Community, unterstützt junge Lernende dabei, eigene interaktive Geschichten, Spiele und Animationen zu schaffen, indem sie kreativ werden, analytisch denken und zusammenarbeiten. Sie teilen diese interaktiven Medien mit Menschen überall auf der Welt. Beginnen Sie Ihr Abenteuer in der Programmierwelt von Scratch: https://scratch.mit.edu/

Digitale Staatsbürgerschaft

Digitale Technologien können für Regierungen und Bürger ein mächtiges Werkzeug sein, um soziale Innovation und sozialen Fortschritt zu erreichen.

In einer Zeit, in der die reale und die virtuelle Welt immer vernetzter sind und sich teils überschneiden, verschwimmen Grenzen und demografische Identitäten. Wir werden zu digitalen Bürgern einer globalen virtuellen Gemeinschaft mit gemeinsamen Interessen und vielfältigen Hintergründen.

Das Konzept der digitalen Staatsbürgerschaft weitet die Staatsbürgerschaft in den virtuellen Raum aus, indem es Technologie als Brücke zur gesellschaftlichen Interaktion zwischen Online- und Offline-Gemeinschaften nutzt. Mit digitalen Werkzeugen kann man seine demokratischen Rechte und Pflichten online ausüben und verteidigen und sich für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Cyberspace einsetzen.

Elektronische Identität

Ein elektronischer Identitätsnachweis (eID) ist eine digitale Lösung für Einzelpersonen und Unternehmen, um elektronisch ihre Identität nachzuweisen und somit Zugang zu Dienstleistungen von Regierungsbehörden, Banken und Unternehmen, z. B. für mobiles Bezahlen, zu erhalten.

Immer mehr Länder greifen auf eID-Lösungen zurück, um verschiedene Dienstleistungen auf sicherere und effizientere Weise online anzubieten. Dies ermöglicht individuelle Dienstleistungen im privaten und öffentlichen Raum. Beispiele hierfür sind der Zugang zu Regierungsdatenbanken oder der personalisierte Zugang zu Websites. Ohne eID bleibt die Idee der E-Regierung auf den Zugang zu allgemeiner Information beschränkt.

Icons einer Smartwatch, einer Ärztin und einer Blutprobe
Icons einer Smartwatch, einer Ärztin und einer Blutprobe

Vernetztes Gesundheitswesen

In Zeiten wachsender und alternder Bevölkerungen und steigender Lebenserwartung zählen besseres Wohlergehen sowie Qualität sowie Zugang zur Gesundheitsfürsorge zu den Herausforderungen für das Gesundheitswesen. Digitale Technologien haben einen großes Potenzial in diesem Bereich.

Sie können am Patienten ausgerichtete Systeme in Krankenhäusern stärken, die Arbeitsbedingungen verbessern und neue Wege in der Pflege aufzeigen. Der digitale Wandel im Gesundheitswesen stellt die Patienten in den Mittelpunkt, indem er den Gesundheitsdienstleistern hilft, Abläufe zu optimieren, die Bedürfnisse der Patienten zu verstehen, Vertrauen aufzubauen und eine bessere Gesamterfahrung zu bieten.

Note

Für Patienten ist er eine Chance, sich aktiver um ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen zu kümmern. So lassen sich mit zahlreichen mobilen Anwendungen und tragbaren Geräten diverse Gesundheitswerte wie Herzfrequenz, Bewegung, Ernährung, Schlaf usw. kontrollieren. Die Apps registrieren und analysieren unsere täglichen Aktivitäten und Gewohnheiten, um uns zu einem gesunderen Lebensstil zu verhelfen.

Die Einführung bestimmter Technologien wird die Möglichkeit bieten, Behandlungen stärker zu personalisieren, was gerade bei Patienten mit Mehrfacherkrankungen von großer Bedeutung ist.

Technologie kann zudem ein besseres Arbeitsumfeld für Ärzte und Pflegekräfte schaffen. Vernetzte Prozesse und Systeme sowie die Automatisierung von Routinevorgängen helfen ihnen, ihre Arbeit präziser und effizienter zu erledigen. Technologie bietet Zugang zu großen Datenmengen, die wichtige Informationen enthalten und somit eine bessere Behandlung der Patienten ermöglichen.

Neu entstehende Technologien – wie das Internet der Dinge, virtuelle und erweiterte Realität, Robotik, Cloud-Computing und Big Data – ändern grundlegend, wie wir mit Gesundheitspersonal umgehen und wie unsere Daten bei der Wahl der Behandlung und für innovative Forschung genutzt werden.

Doch was bedeutet der digitale Wandel für den Arbeitsmarkt der Zukunft?

Influencer, Social-Media-Manager und (ziviler) Drohnenpilot sind Berufe, die es vor zehn Jahren noch nicht gab. Wie in anderen Bereichen können neue Technologien auch hier das Ende der gewohnten Arbeitsweise bedeuten. Welche Jobs wird es in zehn Jahren noch geben und welche nicht? Welche Fähigkeiten werden gefragt sein?

Es ist schwer zu sagen, wie der Arbeitsmarkt der Zukunft aussehen wird, aber man darf eines nicht vergessen: Neue Technologien betreffen Aufgaben, nicht Berufe.

Note

Wie man in allen Bereichen sieht, haben digitale Technologien die Arbeitswelt verändert. Dabei handelt es sich nicht bloß um einige neue Berufe, die entstehen, während andere verschwinden. Beispielsweise ist es heute möglich, über Online-Speicher Dokumente zu teilen, auf die alle Mitarbeitenden jederzeit und überall zugreifen können. Dadurch kann man die gewünschten Informationen quasi sofort finden, ohne jemand danach fragen zu müssen.

Heutige Tätigkeitsprofile werden sich eventuell stark verändern, indem neue Aufgaben hinzukommen oder existierende modifiziert werden. Dementsprechend müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich an neue Arbeitskulturen, -methoden und -werkzeuge anpassen.

Während momentan spezifische technologische Fähigkeiten gefragt sind – für Datenverarbeitung, künstliche Intelligenz und neue Aufgaben im Bereich Maschinenbau, Cloud-Computing und Produktentwicklung (dazu mehr in den nächsten Kapiteln) – lässt sich ein neuer Trend erkennen: In Zukunft wird ein mittleres Niveau an digitalen Fähigkeiten kombiniert mit sozialer Kompetenz besonders gefragt sein, was zeigt, wie wichtig menschliche Interaktion in der neuen Wirtschaft bleibt.

Fähigkeiten wie Kommunikation, Kreativität und Zusammenarbeit lassen sich nicht wirklich automatisieren, sodass sie in Zukunft einen großen Mehrwert darstellen.

Alle Berufe dürften letzten Endes so umstrukturiert werden, dass sie eine Mischung aus digitalen Fähigkeiten und soziokulturellen Kompetenzen erfordern. Das bedeutet, dass im Zuge des digitalen Wandels auch Berufsbilder, die üblicherweise nicht mit Technologie zu tun haben, relevant bleiben.

In der sich schnell entwickelnden Welt des digitalen Wandels werden sich alle Tätigkeitsbereiche verändern und folglich müssen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ob inner- oder außerhalb der Technologiebranche, ihre Fähigkeiten dahingehend anpassen. Von zunehmender Bedeutung ist, dass sie neben Fachwissen auch Fähigkeiten erlernen, die ihnen helfen, Veränderungen zu erkennen und flexibler und widerstandsfähiger zu werden.

Part summary

Nach Abschluss von Kapitel 1 sollten Sie in der Lage sein:

  • die wichtigsten Ereignisse zu nennen, die zur Entwicklung digitaler Technologien führten, was als „digitale Revolution“ bezeichnet wird;

  • die wichtigsten Faktoren zu nennen, auf denen der digitale Wandel basiert;

  • einige der sozioökonomischen Auswirkungen des digitalen Wandels zu erläutern.

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2. Die Computerrevolution